© NANAnet Misburg-Anderten
Der 15. März 1945
Nach nahezu fünf Jahren im Bombenhagel erlebte Misburg den schwersten
Angriff alliierter Bomberverbände
Bildbericht: Gisbert Selke
Auch 75 Jahre nach dem Inferno ist
das schreckliche Ereignis bei den
Betroffenen insbesondere in Misburg-
Süd - „Jerusalem“ - unvergessen.
Fast scheint es, dass die traumatischen
Erlebnisse im Alter nicht verblassen,
sondern sich eher verstärken.
Angesichts der schrecklichen Bilder der
Zerstörungen in den aktuellen
Kriegsgebieten des Nahen Ostens und
anderer Kriegsherde dieser Welt, der
vielen Toten, Verwundeten, Flüchtlinge
und umherirrenden Kriegswaisen
schwindet der Glaube an die Vernunft
der Mächtigen dieser Welt, deren
Regiment eher von offen geäußerten
Egoismen, der Befriedigung von Habgier und Unterdrückung als von Solidarität und Verantwortung
gekennzeichnet ist.
Immer noch sind Sieger am Werk, die nichts aus der schrecklichen jüngeren Geschichte gelernt haben,
denn in keinem Krieg gibt es Helden, sondern nur Opfer.
In der Präambel der UNESCO von 1945 findet sich der Satz:
Da Kriege in den Seelen von Menschen ihren Ursprung haben, muss auch die Verteidigung des
Friedens in der Seele des Menschen entstehen.
Hat die Weltgemeinschaft seitdem dazugelernt?
Trotz andauernder schmerzhafter Rückschläge bleiben wir dafür verantwortlich, dass Frieden, Freiheit,
Demokratie, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit nicht nur schöne Worte bleiben, sondern gelebte
Werte sind, für die es sich einzusetzen lohnt und für die wir uns stark machen müssen.
Wirklicher Frieden kann nur dann gelingen, wenn konsequente Friedenserziehung integraler Bestandteil
familiärer, schulischer und gesellschaftlicher Bildung und Erziehung junger Menschen ist.
Friedenserziehung beginnt in der eigenen Familie, im eigenen Hause, in der eigenen Schule, in
der eigenen Mannschaft, durch soziales Engagement.
Plakative Absichtserklärungen über den
Schulportalen wie „Schule gegen
Gewalt“ oder „Schule für den Frieden“
bleiben hohle Phrasen, wenn nicht jede
Schülerin, jeder Schüler lernt, dass
Gewalt, Fremdenhass und Ausgrenzung
schwere Verstöße gegen die
Friedenspflicht in Schule und
Gesellschaft sind.
Mit geschmackvollen Kranzschleifen am
Volkstrauertag allein vermögen wir den
Friedensprozess nicht in Gang zu halten,
obwohl natürlich auch äußere Zeichen für
das Gedenken wichtig sind. Darüber
hinaus muss jedoch ein dauerhafter
pädagogischer Prozess stattfinden, ohne
den jede Friedenserziehung fehlschlagen
muss.
Als der griechische Philosoph Herodot (484 v. Chr. – ca. 430 v. Chr.) geboren wurde, tobten noch die
Perserkriege. Von ihm stammt der Satz:
Kein Mann ist so dumm, den Krieg herbeizuwünschen und nicht den Frieden; denn im Frieden
tragen die Söhne ihre Väter zu Grabe und im Krieg die Väter ihre Söhne.
Seitdem sind Jahrtausende vergangen und die Menschheit scheint seine Erkenntnis immer noch nicht zu
beherzigen.
Angesichts der Brutalität des Angriffs auf Frankreich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs äußerte der
französische Schriftsteller und Pilot Antoine de Saint-Exupéry:
Hunderttausend Tote, das ist eine Statistik. Aber einer, der fortgeht und nicht wiederkommt, das
schmerzt – das ist viel mehr.
Diese hunderttausend Toten sind aber auch „hunderttausend“ eigene und einmalige Namen und
„hunderttausend“ einzelne Schicksale der betroffenen Familien: der Frauen, Kinder und der
Eltern.
Obwohl wir in Deutschland seit nunmehr 75 Jahren in Frieden leben, wird auf der Welt weiterhin
massenhaft gestorben.
Auch deutsche Soldaten verlieren gegenwärtig wieder bei Einsätzen an Krisenherden in der Welt Leben
oder Gesundheit - Opfer, deren Existenz gern im öffentlichen Leben verschwiegen wird.
Erinnerung kann schmerzen. Sie zuzulassen bietet Wege zur Versöhnung,
so ein Vertriebener aus Pommern, 2001
Die Chronik der Luftangriffe auf
Misburg ist erhältlich bei Wegeners
Buchhandlung, Buchholzer Straße
Weitere Erlebnisberichte:
Ruine des Hauses Karlstraße 4
das sogenannte
„Eisengießerei Haus“
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Leben kann man nur vorwärts,
das Leben verstehen nur
rückwärts.
Søren Aabye Kierkegaard