© NANAnet Misburg-Anderten
Vielfach erinnern nur noch die in die Straßenbezeichnungen eingeflossenen Flurnamen an die
historischen Strukturen unseres Stadtbezirks. Im Laufe ihrer Geschichte waren die Gemarkungen
Misburgs und Andertens nicht annähernd so folgenschweren strukturellen Veränderungen
ausgesetzt wie in den letzten 150 Jahren.
Während der Kronsberg im Süden und die Breite Wiese als nordwestliche Gemarkung Andertens
bis heute als Landwirtschaftsflächen weitgehend erhalten geblieben sind, hat sich das Gesicht der
östlichen und nordöstlichen Fluren nach Aufbau der Zementindustrie radikal verändert.
Mit Inbetriebnahme der Eisenbahnverbindung Lehrte – Hannover im Jahre 1843 waren die
Voraussetzungen für eine bis dahin nicht vorhersehbare industrielle Expansion geschaffen, deren
Auswirkungen bis in die Gegenwart reichen.
Der unter der Ackerkrume verborgene Kalkmergel eignete sich hervorragend für die Herstellung von
Portlandzement. Auf der Eisenbahn wurde Steinkohle aus dem Ruhrgebiet oder aus Oberschlesien
angeliefert und der Zement wiederum in Holzfässern versandt.
Mit Inbetriebnahme des Mittellandkanals von Bergeshövede im Westen bis zum Misburger Hafen im
Jahre 1916 verbesserte sich die Infrastruktur für den Industriestandort im Osten Hannovers ein
weiteres Mal erheblich.
Obwohl sich die Instustrieflächen eher gleichmäßig über die Gemarkungen beider Stadtteile
erstrecken und deren Grenzen durchaus quer durch die Betriebe verlaufen, spricht man bis heute
zwar vom Industriestandort Misburg, aber kaum vom Industriestandort Anderten. Mancher
Misburger ließ deshalb die Bemerkung fallen: Wir Misburger bekommen Abgase und Zementstaub
ab und die Anderter kassieren die Gewerbesteuer.
Der ökologische Preis für die industrielle Nutzung der Bodenschätze ist erheblich. Was blieb übrig
von den östlichen Fluren Andertens? Osterfeld und Rotwiesen fielen teils dem Schleusenbau zum
Opfer oder wurden zu Verkehrs- und Gewerbeflächen. Noch vor Beginn der Industrialisierung wurde
das Anderter Gehäge, ein an die Ahltener Gemarkung grenzender Wald, gerodet. Die östlich des
Lohwegs gelegene Anderter Hast, ein Wald- und Buschgelände südlich des Anderter Seckbruchs,
ist infolge des Mergelabbaus fast verschwunden. Ausgedehnte Acker- und Weideflächen mussten
dem Mergelabbau weichen.
Von den einst fünf Zementfabriken im Misburg-Anderter Raume produziert heute nur noch die
HeidelbergCement (ehemals Teutonia) am Lohweg.
Die einst unterschiedlichen dörflichen Fluren sind industrielles Brachland oder von geologischen
Wunden übersät. Dennoch: Die Rekultivierung und Schaffung neuer Biotope hat begonnen. Das
Verfüllen ausgebeuteter Steinbrüche schreitet voran. Stück für Stück holt sich die Natur das zurück,
was ihr einst genommen wurde und der Mensch hilft kräftig mit.
Vor der Erschließung neuer Gewerbeflächen muss die Nachnutzung vorhandener Liegenschaften
stehen. Das wäre ein versöhnliches Zeichen industrieller Vergangenheitsbewältigung.
Anderter Seckbruch, Anderter Hast, Anderter Gehäge,
Lohweg, Rothwiesen, Osterfeld
Was blieb von den bäuerlichen Strukturen der östlichen Fluren
Andertens?
Bericht: Gisbert Selke - 24.10.2010
Bilder: Michael Traue, Gisbert Selke
Luftbilder (3): (c) Michael Traue
Ausschnitt aus einer Karte des Amtes Ilten aus dem 18. Jahrhundert
Quelle: Anton Scholand, "Anderten und die Freien vor dem Nordwalde",
Hildesheim 1970, S. 250
An dieser Stelle der heutigen Güterbahn stand der erste
Misburger Bahnhof
Spritfabrik "Kraul & Wilkening u. Stelling
die älteste Fabrik in Anderten
Im Vordergrund: unterer Vorhafen der Hindenburgschleuse - dahinter das
Gewerbegebiet in den Rotwiesen
Blick auf den Lohweg - nördlich der Bahnbrücke zwei verfüllte und
überbaute Steinbrüche
rechts und links des Lohweges - Blick nach Norden auf die ehemalige
Anderter Hast
S-Bahn-Station Anderten-Misburg - Ausgangspunkt des Spaziergangs
Blick auf Teile des Gewerbegebietes in den Rothwiesen
Blick nach Südosten auf die Zementfabrik "Holcim" in Höver
Blick über Reste der Rothwiesen in Richtung Ahlten
links der Bahnstrecke - das "Langesche Holz" - Rest des Anderter
Gehäges
Recyclinganlage für Bauschutt auf dem Gelände eines verfüllten
Streinbruchs
Fern- und S-Bahn - Blick nach Osten ins Anderter Gehäge
Lohweg in der Nähe der Fern- und S-Bahn-Überführung
HeidelbergCement (Teutonia) - "Turmhaus"
HeidelbergCement (Teutonia) - Werkssiedlung
Lohweg - Blick nach Norden
HeidelbergCement (Teutonia) - Werkstor
HeidelbergCement (Teutonia) - Kantine
Verwaltung der HeidelbergCement (Teutonia) am Lohweg
HeidelbergCement (Teutonia) - Blick von Nordwesten
ehemaliger Güterbahnhof Misburg mit HeidelbergCement - Blick nach
Osten
Verladeanlage im Hafen der HeidelbergCement (Teutonia) an der Hast
Kaianlagen im Hafen der HeidelbergCement (Teutonia)
Blick über den Hafen der HeidelbergCement (Teutonia) an der Hast
Kemnabau auf dem Gelände der ehemaligen Hann. Eisengießerei
Bauunternehmung Papenburg auf dem ehemaligen Germaniagelände
Bilder (4 - 26): Gisbert Selke