© NANAnet Misburg-Anderten
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Gesichter, Gesichtspunkte und Perspektiven
Ansichten
Unser Stadtbezirk hat viele Gesichter. Die Stadtteile Misburg und Anderten
unterscheiden sich nicht nur in ihrer historischen Entwicklung, sondern auch
durch ihre Geologie und ihre Biotope.
Anderten liegt am Rande des Kronsbergs, dessen nördlicher Ausläufer
übrigens erst an der Kreisstraße in Misburg endet. Der Süden Misburgs, das
sogenannte Kleifeld, war die Wiege der Zementindustrie. Im Zuge der
Industrialisierung entstanden der an das Anderter Nordfeld grenzende
Ortsteil "Jerusalem" und die Werkssiedlung "Kronsberg" der gleichnamigen
Zementfabrik. Insgesamt gab es ab 1899 dicht beieinander fünf
Zementfabriken, deren Werksgelände sich über beide Stadtteile erstreckten.
Die Ortsgrenzen verliefen vielfach quer durch die Industrieanlagen. Nur auf
älteren Gemarkungskarten wird deutlich, dass ein erheblicher Teil der
Fabriken unseres Stadtbezirks auf Anderter Gebiet lag bzw. dort noch
angesiedelt ist.
Die ehemals feuchten Wiesen Andertens reichen vom Eisteichweg bis an die
Klabundestraße - nahe der Firma Berstorff - heran und im Osten erstreckt
sich die Gemarkung Andertens von den Rotwiesen östlich der
Hindenburgschleuse bis an den Misburger Wald. Wie oben schon erwähnt,
gehört nur ein schmaler Ausläufer des Kronsbergs zur Gemarkung Misburg.
Das kleine Dorf Misburg wurde großflächig von feuchten Wiesen umgeben
und grenzte im Norden an den Misburger Wald mit dem Misburger Teil des
Altwarmbüchener Moores. Für eine lukrative Landwirtschaft fehlten die in
Anderten ausreichend vorhandenen ertragreichen Böden. Erst infolge der
Industrialisierung gelangten einige der Misburger Bauern zu nennenswertem
Reichtum. Die Erträge der Landwirtschaft hielten sich in Grenzen und waren
mit denen der Anderter Höfe nicht vergleichbar.
Gerade die großen geologischen und biotopischen Unterschiede machen
jedoch heute den Reiz unseres Stadtbezirks aus. Verbindendes Element ist
der Mittellandkanal, dessen durchdachte landschaftliche Neugestaltung nach
der Verbreiterung und Vertiefung viel zur Steigerung der Lebensqualität
beiträgt.
Die Rekultivierung der ausgebeuteten Mergelgruben ist noch in vollem
Gange. Mithilfe umsichtiger politischer Lenkung und kompetenter Städte-
bzw. Landschaftsplanung wird der Stadtbezirk weitere Pluspunkte sammeln
können, so dass sich die Lebensqualität für die Bürger noch deutlich erhöhen
wird. Flora und Fauna präsentieren sich in immer reicher werdender Vielfalt
auf ganz neue Weise. Der Geruch von Petroleum und Industrieabgasen ist
neuem Blütenduft gewichen. Und dank effektiver Filteranlagen bei der
Zementherstellung kann man den Stadtbezirk heute wieder mit offenen
Augen durchqueren.
Aussichten
Länger als 100 Jahre war der Misburg-Anderter Raum durch die
Zementindustrie und seit 1932 auch durch die Erdölraffinerie Deurag-Nerag
geprägt. Von den fünf Zementwerken produziert heute nur noch die
HeidelbergCement AG (ehemals Teutonia Cementfabrik). Die
Erdölverarbeitung wurde nach Hamburg verlagert. Auf den Industriebrachen
haben sich kleine und mittlere Betriebe angesiedelt; neue Gewerbegebiete
wurden erschlossen.
Ungelöst ist bisher die Dekontaminierung des Deurag-Nerag-Geländes. Doch
obwohl der Boden teilweise stark verseucht ist - das Werk wurde im Zweiten
Weltkrieg häufig bombardiert und schwer getroffen - , holt sich die Natur das
ehemalige Werksgelände mit Macht zurück. Einst wurde die Erdölraffinerie
auf den "Neuen Wiesen" errichtet. Nun wächst dort ein neuer Wald.
Nirgendwo sieht man deutlicher als auf dem Kronsberg, wie fundamental die
wirtschaftlichen Veränderungen im Stadtbezirk sind. Von der Vielzahl der
Schornsteine ist keiner geblieben.
Einsichten
Groß ist das Interesse der Bürger, wenn es um die Zukunft des Stadtbezirks
geht; die gut besuchten Bürgerversammlungen beweisen dies. Besorgt
verfolgen die Einwohner, ob der Flächennutzungsplan optimal
weiterentwickelt wird. Das gute Nebeneinander von Wirtschaft und Wohnen
muss Ziel aller Bemühungen bleiben.
Wer wachen Auges durch den Stadtbezirk streift, wird bereits einige
gelungene Beispiele kooperativer Planung erkennen können. So wurden z.
B. beim Ausbau des Mittellandkanals im Hinblick auf Landschaftspflege,
Umweltschutz und Naherholung deutliche Akzente gesetzt. Infrastrukturell
bietet der Stadtbezirk differenzierte Möglichkeiten wirtschaftlicher
Entwicklung, ohne dass deshalb die Lebensqualität der Bürger leiden muss.
Die Einsicht, in Misburg-Anderten planerisch neue Wege zu gehen, ist in
Politik und Wirtschaft vorhanden. Die Mittel zur konsequenten Umsetzung
auch?
Gisbert Selke