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Der Weg ist das Ziel

- Volkmar Stiboy auf dem Pilgerweg
von Misburg bis Santiago de Compostela -

- Teil 8: 50. - 56. Tag
von Chablis bis Vézelay

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Inhaltsverzeichnis

Tag 50 04.07.2022

Tag 51 05.07.2022

Tag 52 06.07.2022

Tag 53 07.07.2022

Tag 54 08.07.2022

Tag 55 09.07.2022

Tag 56 10.07.2022

 Hinweis: Erscheint Hand als Mausanzeiger im Bild, kann das Bild durch Anklicken vergrößert geöffnet werden!
Ebenso sind unterstrichene und blaue Texte mit der entsprechenden Information verknüpft.

Tag 50 (04.07.2022):  Chablis - Auxerre

Ausgeruht und gut gelaunt stand ich um 05.00 Uhr auf. Mittlerweile war es jeden Tag zwischen 37 und 42 °C und wir wollten die „kühlen 20 - 22 °C Morgenstunden nutzen, um ein gutes Wegstück zu schaffen, denn gegen Mittag und auf offenem Gelände ohne Schatten war es unerträglich heiß. Wie erwartet war das Zelt vom Tau und vom Dunst des Flusses wieder feucht, aber irgendwie trockner als am Tag zuvor.

Ich hatte mir ein hohes Tagesziel gesetzt und wollte nach Vincelles / Vincelotte gehen. Das wäre eine Tageetappe von 37 km, was durchaus machbar ist. Am Vortag hatte ich in meinem Pilgerführer gesehen, das ich nur noch 3 Tagesetappen und 4 größere Städte von Vézelay entfernt war und in ca. 100 km habe ich die Hälfte von meiner Reise geschafft und bin fast mittig in Frankreich.

Was ich an meiner heutigen Tagesplanung aber unterschätzt hatte, waren die Anstiege. Auch wenn es noch etwas weiter entfernt war, warf das europäische Zentralgebirge seine ersten Ausläufer schon voraus.

Nach erledigen der Formalitäten kam ich um 07:00 Uhr los. Der erste Anstieg war in der Ortschaft Milly. Dort musste ich einen Weinberg von ca. 2 km Wegstrecke bis auf 230 m aufsteigen, dann hatte ich das Plateau erreicht und sah, dass ich noch weiter hoch musste. Ich stieg auf 260 m auf. Nachdem ich oben angekommen war, sah ich in meinen Pilgerführer und entnahm die Zahlen dem Höhenprofil in meinem Wanderführer. Innerhalb von ca. 1 km ging es wieder hinunter auf nur 130 m. Nach diesem Aufstieg war ich das erste Mal an meine physischen Grenzen gestoßen, denn ich hatte auch bei dem Abstieg meinen Rucksack mit vollem Gewicht.

Nach dem Abstieg ging es wieder bis Beine sanft bergauf und dann noch einmal heftig einen Weinberg von ca. 200 - 250 Streckenmetern auf knapp 300 Höhenmetern. Oben angekommen kreuzte wie beschrieben eine Strasse, dennoch passte etwas nicht mit den Meterangaben.

Der beschriebene Schotterweg war in 50 m da, aber dort waren die Markierungen, dass es der falsche Weg ist und mir gegenüber war in ca. 10 m ein geteerter Weg in das Weinfeld. Aber auch hier keine Kennzeichnung und somit entschied ich mich für den falschen Weg und irrte 2 Stunden und viele Kilometer durch das Weinfeld. Auch mit der Maps-Karte kam ich nicht weiter, denn die schickte mich zur Schnellstrasse D965, die ich als Fußgänger nicht kreuzen durfte. Also alles wieder zurück.

Dann fragte ich mit meiner Karte im Pilgerführer einen Arbeiter, der mit seiner Maschine auf mich zu kam und der schickte mich geradeaus durch die Weinstöcke und ich kam an das Teersträßchen, was ich morgens gesehen hatte. Jetzt erschloss sich mir einiges.

Zwischen Druckausgabe des Pilgerführers und meinem jetzigen Weg, wurde der Schotterweg geteert und die Zeichen für den Pilgerweg noch nicht wieder angebracht. Nun stimmte auch die Beschreibung des Pilgerführers wieder.

So ging ich noch 3 - 4 km und entschied mich vor Vernoy eine Pause im Schatten zu machen und aß zu Mittag. Mir war klar, mein selbstgestecktes  Tagesziel war nun nicht mehr erreichbar und orientierte mich neu.

Neues Tagesziel war nun Auxerre. Auch hier gab es einen günstigen Campingplatz. Es kam noch ein heftiger Abstieg von 220 auf 100 Höhenmeter und dann sollte ich Auxerre erreicht haben. Ich gab den Campingplatz in mein Handy-Navi als Ziel ein und erreichte den Platz völlig erschöpft von der Wärme.

Die Rezeption war auch deutschsprachig und somit ging der Check-in sehr schnell. Nun war ich die Schmerzen an meinen Füßen aber leid und ich wollte ihnen Ruhe gönnen. Ich buchte für 5 Übernachtungen, in der Hoffnung, dass ich dann besser laufen konnte. Ein Abbruch kam jetzt nach dieser Strecke des Weges nicht mehr in Frage. Aber ob es den gewünschten Erfolg brachte, wird sich erst in 5 Tagen zeigen, wenn ich in Richtung Vézelay aufbreche.

Auch dieser Campingplatz ist eine Empfehlung für jeden Pilger und Wanderer  wert. Die Übernachtung ohne Strom ist inklusive allem (Dusch, Küchennutzung, Zeltgebühr) mit 10,50 € pro Tag sehr günstig für französische Verhältnisse.

Dieser Campingplatz liegt nur 8 Gehminuten vom Jakobsweg in Richtung Vaux entfernt. Er ist sehr gepflegt, saubere und gepflegte Sanitäreinrichtungen und über ein separates Küchengebäude mit großem Ess- und Gemeinschaftsraum. Allerdings gibt es hier kein Geschirr. Platznah ca. 400 m entfernt gibt es einen großen Supermarkt, aber auch Bestellungen für Backwaren können an der Rezeption aufgegeben werden Hier werde ich jederzeit wieder einkehren.





Höhenprofil Chablis nach Auxerre
Linker Kartenrand die Höhenmeter,
unterer Kartenrand Kilometerangaben

Kathedrale und Dom zu Auxerre

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Tag 51 (05.07.2022): Auxerre     Religiöser Tag

So wie ich es mir vorgenommen hatte,  blieb es nicht bei einem kompletten Ruhetag. Mich interessierten die Kathedrale und der Dom sowie die historische Altstadt von Auxerre. Mein Plan war ein Kirchenbesuch.

Ich ging mit meinem Verpflegungsbeutel inklusive meines Gaskochers und Campingkochgeschirr ins Küchengebäude. Gegen 08:30 Uhr machte ich mein Frühstück zurecht. Da ich dieses Gebäude scheinbar allein nutzte, genoss ich die Ruhe und Stille und das gemütliche Sitzen beim Frühstück mit dem Blick durch die Panoramafenster über den Campingplatz. Nach dem ausgiebigen Frühstück räumte ich auf und verließ das Küchengebäude.

Schon als ich auf die Strasse vom Campingplatz trat, sah ich schon die Kathedrale und die Strasse führte direkt darauf zu. Als ich die Kathedrale betrat, war ich überwältigt von der Schönheit. Ich setzte mich für ein Gebet und die Stille war leider durch die vielen Besucher sehr unruhig. Danach ließ ich die Eindrücke bei einem Cafe Crema auf dem Marktplatz in einem Bistro auf mich wirken. Auch diesen konnte ich mir so nicht allein zubereiten und darum genoss ihn um so intensiver. Nach einer Weile besuchte ich noch den Dom.

Nach einer Weile verspürte ich Hunger. Ich beschloss zum Campingplatz zurück zu kehren und im Supermarkt, der am Weg lag, einzukaufen. Ich kaufte Lebensmittel für 3 Tage ein, da es aufgrund des warmen Wetters nicht möglich war, mehr Vorräte ohne Kühlung einzukaufen. Ich freute mich über die Linsensuppe mit Wursteinlage, obwohl es sehr heiß war, das frische Obst, die Schokolade für die Seele. Eigentlich alles Dinge, die selbstverständlich sind doch aufgrund des warmen Wetters und auf so einer Reise zum Luxus werden. Umso mehr genoss ich die Annehmlichkeiten mit diesem schönen Küchengebäude. Mit soviel Genuss habe ich selten in einem Pfirsich oder Banane gebissen.

Ich konnte es kaum erwarten, dass meine Linsensuppe heiß genug war. Mal etwas anderes als Jagdwurst am Stück, Chorizo, kalte Hotdogwürstchen mit Baguetten vom Vortag oder Salat ähnlich unseres Kartoffelsalates nur mit mehr Gemüse. Auch das Verzehren dieses Salates war nach 2 Tagen Transport bei dieser Wärme schon sehr grenzwertig. Begründet liegt es daran, dass an den Pilgerwegen nicht überall Einkaufsmöglichkeiten vorhanden sind und man nicht weiß, ob die im Buch beschriebenen Läden noch vorhanden sind oder geschlossen wurden. Nach dem Essen räumte ich die Küche auf und brachte alles ins Zelt.

Ich kehrte mit Schreibzeug und Handy zurück. Ich begann mein Tagebuch zu schreiben und aktualisierte meinen Blog mit mehreren Beiträgen. Da hier das Internet so schwach war, beanspruchte das Schreiben und das Hochladen der Bilder den ganzen Nachmittag bis in den frühen Abend. Zwischendurch genoss ich einen frisch gebrühten Kaffee und schrieb weiter. Das Schreiben des Tagebuches und des Blogs ließ mich den Weg noch einmal durchleben und Revue passieren. Ich stellte fest, dass ich, trotz der ungeplanten Zwangspausen, in etwas mehr als 6 Wochen von Hannover nach Frankreich über 1000 km gegangen war und mich jetzt fast mittig in Frankreich befand.

Auch die Witterung forderte alles mir ab, denn wir hatten mittlerweile eine „Dauerhitzewelle“ tagsüber zwischen 36 und 42 °C. Auch nachts ging das Thermometer nicht unter 23 °C, was ein erholsames Schlafen fast unmöglich machte. Aber alles besser als den Dauerregen, den ich hinter mir hatte.

* Quelle Outdoor Band 194 Trier-Vézelay                                                                                   So wird es weitergehen,
                                                                                                               immer am Canal du Nivernais entlang

Ein Reliquienschrein mit den
Gebeinen Heiliggesprochener

             „Steinigung einer Sünderin"

 

 

 

 

 

 

 

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Tag 52 (06.07.2022): Auxerre     Ruhetage

Tag 53 (07.07.2022):

Tag 54 (08.07.2022):

Da dies Ruhetage sind, fasse ich sie als Gesamtbericht zusammen. Der gewünschte Effekt mit der Besserung meiner Füße stellte sich ein. Dennoch schonte ich diese um diesen Prozess nicht zu gefährden.

Am 52. Tag machte ich noch eine kleine Stadtbesichtigung setzte mich in ein Kaffee, genoss die Sonne und das entspannte Treiben auf den Strassen.

Es hatte meine Füße doch härter in Mitleidenschaft gezogen, als gedacht. Ich hatte keine Blasen, aber nun machten sich nach so langer Zeit noch einmal die von der Feuchtigkeit zu klein gewordenen Schuhe von Bullay bemerkbar.

Gar nichts tun wollte ich aber auch nicht. Ich vervollständigte mein Tagebuch und da es nicht viel zu schreiben gab, kontaktierte ich Verwandte und Freunde. Dies war eine willkommene Abwechslung vom Pilgeralltag, den ich bis auf die Kontakte in den Herbergen oder Campingplätzen zu meist allein verbrachte.

Auch das Handy stellte ich tagsüber auf lautlos, um mich ganz auf das Pilgern und dessen Sinn zu konzentrieren. Mit der Rezeptionistin führte ich sehr nette Gespräche und so erfuhr ich, dass sie bei VW als Übersetzerin gearbeitet hatte und nun in Pension ist und der Campingplatz ein netter Nebenverdienst wäre. Sie hingegen freute sich, so wieder ihre Deutschkenntnisse wieder auffrischen zu können.

Das Prozedere des Tages war immer der gleiche Ablauf nur zu unterschiedlichen Zeiten.

Am Tag 53 war ich etwas planlos und gleichzeitig rastlos. Ich räumte mein Zelt auf, ging in das Küchengebäude, verbrauchte die letzten Lebensmittel. Auch  wollte ich einkaufen gehen und dachte mir, dass ich doch noch einmal in die Stadt gehen könnte. Somit tat ich es. Auf dem Rückweg noch einmal einkaufen und zurück auf den Campingplatz. Ich genoss die pilgerfreie Zeit, da es so schnell nicht wieder so eine lange Auszeit geben wird.

Am folgenden Tag (Tag 54) um gleich ohne Schwierigkeiten starten zu können, nahm ich mir meinen Pilgerführer und erkundete schon einmal den Weg für morgen. Es gab nicht viel zu erkunden. Den Weg zum Kanal hatte ich schnell gefunden und die ersten 10 km ging es immer am Kanal entlang. Schnell kehrte ich zum Campingplatz zurück. Ich freute ich mich auf morgen, denn es war eine wunderschöne Landschaft im Tal den Fluss entlang.

Somit ging auch dieser Ruhetag zu  Ende und ich begann schon mal das nicht Benötigte zu packen, eine akzeptable Tagesetappe zu erstellen. Möglichst mit einer Unterkunft oder einem Zeltplatz. Somit entschied ich mich für eine durchführbare Etappe von 29 km, was auch gleichzeitig die Hälfte der Strecke nach Vézelay darstellte. Ich entschied mich für den Ort Arcy-sur-Care, da dort einen ausgewiesenen Zeltplatz gab.

So vorbereitet ging ich heute früh schlafen. Ich wollte früh um 05:00 Uhr aufstehen. Mein Plan war nach dem Zusammenpacken noch in aller Ruhe zu frühstücken. Ich legte mich schlafen und dachte daran, dass ich in 2 Tagen mein erstes Frankreichabenteuer in Vézelay schon beendet habe.

Danach würde die 2. Frankreich-Etappe starten. Ich stellte mir die Frage was mich dort alles erwarten würde. Über diesen Gedanken schlief ich ein.

Campingplatz - Meiner Pilgerherberge

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Tag 55 (09.07.2022): Auxerre - Arcy-sur-Cure

Um 05:00 Uhr klingelte der Wecker. Ich begab mich ins Waschhaus und danach begann ich zu packen. Zwischendurch kochte ich mir einen Kaffee auf meinem Behelfstisch, damit ich nicht ganz ohne Frühstück starte. Nach dem Packen genoss ich meinen Kaffee bei Vogelgesang. Gerade an diesem Morgen, aus welchem Grund auch immer, war das Zelt feucht. Sowohl innen als auch außen. Also verpackte ich es feucht, wie sooft auf meinem Weg.

Meinem Etappenziel Vézelay kam ich heute wieder ein Stück näher und somit der Hälfte meines Pilgerweges. Die Strecke hatte ich am Vorabend bewusst geteilt, um einerseits zu testen wie es mit meinen Füßen funktioniert, andererseits um eine akzeptable Tagesetappe zu haben und eine bezahlbare Unterkunft zu bekommen.

Ich hatte Arcy-sur-Care mit dem dortigen Zeltplatz ins Auge gefasst. Somit hatte ich eine Tagesetappe von ca. 29 km, was angesichts der Tagestemperaturen von „nur“ 28 - 29 °C als machbar und angemessen hielt. Es fiel mir nicht leicht diesen schönen Campingplatz zu verlassen, aber ich hatte noch einen sehr langen Weg vor mir. Ich schrieb noch mit Hilfe meines Übersetzers einen netten „Dankeschönzettel“, heftete ihn mit Pflaster am Briefkasten an und machte mich auf den Weg Richtung Vézelay mit Zwischenstopp in Arcy-sur-Cure.

Meine vorletzte Tagesetappe vor dem Ende meines ersten Hälfte meines Frankreichabenteuers. Was hatte ich mir für Gedanken gemacht, als ich über die deutsch-französische Grenze gegangen bin und nun kommt es mir vor, als wenn es schon ein halbes Jahr her ist. Ich bin doch besser in Frankreich zurecht gekommen als ich dachte und die Leute sind auch hilfsbereiter als ihr Ruf.

Es war ein wundervoller Morgen und genauso schön war auch der Weg. Der Großteil meines Weges führte am Canal du Nivernais entlang. Die Morgensonne glitzerte auf dem Wasser, Wasservögel suchten ihr Futter, Bachstelze, Amsel, Drossel und Rohrsänger sangen, ab und zu sprang ein Fisch. Es war eine faszinierende Szenerie. Auch die liebevoll restaurierten Schleusenwärterhäuschen bildeten einen schönen Kontrast.

Auf einem Campingplatz, direkt am Fluss ungefähr auf halber Strecke, machte ich eine ausgiebige Rast. Zog meine Wanderstiefel aus und genoss den frischen Kaffee aus der Maschine. Danach machte ich mich weiter auf den Weg.

Nach Cravant verließ ich den Kanal und es ging wieder durch die Landschaft. Ich passierte die letzten Weinfelder und kam in Accolay an. Am Ortseingang befand sich ein Kreisel und dort faszinierte mich ein überdimensionales Betonhuhn.

In  Accolay an einer Pilgerherberge befand sich ein Schild mit Km-Angabe und somit wusste ich nun ganz genau wie weit es bis Vézelay war. Von Accolay bis Vézelay hatte ich nun nur noch 32 km. Da ich aber bis Arcy-sur-Cure gehen wollte, verkürzte ich diese Strecke der morgigen Tagesetappe.

Total erschöpft, aber glücklich bei gefühlten 40 °C die Etappe geschafft zu haben. kam ich in Arcy an. Ich muss etwas orientierungslos gewirkt haben, denn zwei Holländer wollten mir freundlicherweise den Weg zum Campingplatz weisen. Aber da ich ihn schon auf der anderen Flussseite sah, musste ich also nur noch die Brücke finden. Überglücklich kam ich auf den Campingplatz an und checkte ein und richtete mich ein. Wichtig in der Nähe Sanitärhaus und heute ausnahmsweise auch in der Nähe Restauration, was sich nach dem Duschen als fataler Fehler erwies.

Ab 19:00 Uhr trafen Verwandte und Freunde von eines holländisch-französischen Camper zu einer Geburtstagsfeier ein. Ich dachte „na toll, Party, das wird keine ruhige Nacht.“ mit dem Akkordeon und der Gitarrenmusik schlief ich ein.

Ich wachte immer mal wieder von den lautem Stimmengewirr auf. Auch diesen Campingplatz kann ich empfehlen, wenn nicht gerade Party ist. Nettes und hilfsbereites Personal, teilweise zweisprachig. Gut geeignet für Pilger und Wanderer ohne Zelt, denn hier können Pilgerzelte angemietet werden, die schon aufgebaut sind. Die Sanitäranlagen lassen auch keinen Grund zum Unmut, denn sie sind sehr gepflegt, sauber alles, auf dem neuesten Stand und vollkommen in Ordnung.

... weiter am Canal du Nivernais entlang

Zufallsfoto durch eine nette Passantin,
die sehr bewegt war von meinem Weg

 

 

 

Mein morgiges Tagesziel nur noch 32 km von hier.
Bis Santiago de Compostela „nur“ noch 10716 km auf direktem Weg.
Ich gehe aber über A Curuna, Muxia und Kap Fisterra,
das ist ein großer Umweg.

 




Das Tagesziel:
Um 16.39 Uhr erreichte ich erschöpft und müde durch die Wärme des Tages endlich den Ortseingang von Arcy-sur-Cure. Noch 700 m bis zum Campingplatz.

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Tag 56 (10.07.2022): Arcy-sur-Cure - Vézelay

Diese Nacht schlief ich sehr schlecht. Das hatte 3 Gründe. Zum Einen war es die lang andauernde Party, dann die Wärme der Nacht von 26 °C und meine Aufregung vor der letzten Tagesetappe bis Vézelay. Letzteres bedeutete, ich habe fast die Hälfte des Weges geschafft.

Mein Wecker klingelte um 04:30 Uhr und ich stand sofort auf, erledigte die Morgentoilette und beeilte mich, da die Wetter-App wieder Temperaturen von ca. 35 °C meldete. Ich verzichtete auf Kaffee und Frühstück, damit ich schnellstmöglich abmarschbereit war und die „Morgenkühle“ nutzen konnte, um entweder in der größten Hitze in Vézelay zu sein oder dort meine wohlverdiente Mittagspause machen konnte.

Meine Aufregung steigerte sich stetig, je näher ich der Abmarsch rückte.

Meine Gedanken waren nicht beim Packen sondern gingen noch einmal durch den gesamten Pilgerweg, da heute ein großer Abschnitt zu Ende gehen wird. Heute werde ich fast die Hälfte von Frankreich durchpilgert haben. Den ganzen Weg bin ich fast allein gewesen, nur auf den Campingplätzen und in den Unterkünften traf ich andere Pilger, Wanderer oder Radfahrer, die Frankreich durchfuhren.

Es weckte auch die Neugier in mir, denn in Vézelay trafen einige Pilgerwege aus unterschiedlichen Ländern zusammen und ich werde Pilger aus unterschiedlichsten Ländern mit den unterschiedlichsten Motivationen zu ihrem persönlichsten Pilgerweg kennenlernen. Weiterhin war ich sehr neugierig auf diesen alten Pilgerort, durch den schon seit Jahrhunderte die Menschen gepilgert sind.

Fragen wie „Wie groß wird Vézelay sein? Wie sieht die Kathedrale aus, die seit über tausend Jahren von Pilger besucht wird?“ Solche und ähnliche Fragen schwirrten in meinem Kopf während des Packens herum. In 28 km und einigen Beschwerlichkeiten, entsprechend meines Höhenprofils, die ich noch zu absolvieren habe, werde ich es wissen.

Also machte ich mich von diesem schönen Campingplatz „Camping de l'Isle Saint Jean", der nur 400m vom eigentlichen Pilgerweg entfernt ist. Ich kam durch viele kleine Orte und die Schönheit der Landschaft faszinierte mich jeden Tag aufs Neue, da ich immer wieder andere Departements durchpilgerte.

So kam ich an der Grand-Grotte-D´arcy-sur-Cure“, allerdings konnte ich diese nicht besichtigen, da es keine Öffnungszeit war. Als nächstes kam ich am „Fort Cora“, einer alten burgähnliche Anlage aus der Bronzezeit vorbei. In Les Herodats, ungefähr die Hälfte meines Weges, legte ich eine ausgiebige Mittagspause ein. Ich hatte Anstieg bei Camp Cora laut Höhenprofil unterschätz. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf „Wo es so steil bergauf geht, wie steil ist der Abstieg?“ Dies verriet mir der Blick in mein Pilgerführer, er verriet mir noch mehr. Dies war erst das Training für den  Aufstieg nach Vézelay.

Ein Blick auf die letzten 2 km meiner Weges von Asquins bis Vézelay, nahmen mir fast die Motivation nach Vézelay aufzusteigen. Die letzten 700 - 800 m sollte es fast senkrecht nach oben gehen.  Das am Ende eines Pilgertages mit Gepäck von 27 kg auf dem Rücken und bei 34 °C

Nach einer Pause am Fort Cora ging es noch etwas sanft hügelhoch und dann folgte das, was ich befürchtete, ein steiler Abstieg, der in Vaudojon gleich wieder in einen Anstieg ohne Plateau wechselte. Jetzt den letzten Hügel rauf und dann sah ich die Kathedrale von Vézelay.

Ich war beeindruckt und erschrocken zugleich über die Höhe des Hügels auf dem die Kathedrale stand. Vom Rest des Ortes war noch nichts zu sehen. In Asquins am Fuße des Hügels von Vézelay hielt ich für einen langen Moment inne, ließ diesen grandiosen Augenblick, dieses großartige Bild und den imposanten Eindruck der Kathedrale lange auf mich wirken.

Es wird sehr hart werden, aber ich hätte auch den leichteren Umweg über die Strasse gehen können.  Ich hatte für mich persönlich vor Abreise die Entscheidung getroffen, den historischen Pilgerweg so original zu gehen und zu unterwegs so zu leben. Einfach, ohne Luxus und in Pilgerunterkünften in Mehrbettzimmern oder Campingplätzen. Dazu gehörte auch der Aufstieg über eines der alten Stadttore des Mittelalters mit diesem Aufstieg.

Seit nunmehr 4 km, vielleicht auch mehr, sah ich die Kathedrale auf diesem Berg thronen und der Weg wollte gefühlt einfach nicht enden. Eine letzte Kraftanstrengung noch und ich bin dort. Mit Stolz es bis hierher geschafft zu haben, ging ich fest entschlossen  die letzten 1,5 km an. Ich kam am Fuß des Hügels an und nahm all meine letzte Kraft dieses Tages zusammen und begann den Aufstieg.

Dieser Aufstieg forderte mir alles ab und ich musste zweimal stehen bleiben und verschnaufen, damit ich Luft bekam und weiter konnte. Jetzt kam ich endlich an das mittelalterliche Stadttor mit Resten der alten Stadtmauer und hoffte bald oben angekommen zu sein.

Nein, es ging jetzt sanfter ein Kopfsteinpflastergässchen hinauf und vorbei an alten Häusern. Nach einer leichten Linkskurve öffnete sich die Gasse zu einem Platz und als ich nach links sah, stand sie vor mir, die mächtige Kathedrale. Ich war stolz, glücklich, konnte es kaum glauben hier zu stehen und überwältigt von diesem Anblick dieses überaus großartigen Bauwerks der Basilika „Sainte-Marie-Madeleine“

Mein erster Weg trotz Erschöpfung, Durst und Hunger führte mich in die Kathedrale. Ich wollte mir Zeit nehmen diesen außergewöhnlichen Moment zu genießen. Bevor ich dies tat, war mir ein Gebet und Zeit der Stille wichtiger. Diese Zeit der Stille widmete ich ganz meiner lieben Andrea und nahm ein Bild aus der Beintasche.

Ich bin an einem Sonntag in Vézelay angekommen und an Stille war wegen der unzähligen Touristen nicht zu denken. Dennoch hatte ich meinen Rucksack abgelegt und saß voller Ehrfurcht in dieser Basilika. Anschließend ging ich ins 80 m weit entfernte Pilgerbüro, holte meinen Stempel und unterhielt mich mit dem ehrenamtlichen Mitarbeiter.

Danach suchte ich die 5 m entfernte Pilgerunterkunft „Maison-d´accueil-de Vézelay“ auf. Der Hospitallero Marcel sprach sowohl englisch als auch deutsch. So gab es keine Verständigungsprobleme. Hier in der Mitte Frankreichs jemanden zu treffen, der unserer Sprache mächtig war, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Ich buchte für 2 Nächte, ging duschen und richtete mich ein und so nach und nach füllte sich die Herberge. Ging ein  harte aber schöner, voller Emotionen geladener Tag mit einem erneuten Besuch der Kathedrale und netten Gesprächen mit den eintreffenden Pilgern zu Ende.

Diese Herberge ist jedem Pilger nur weiter zu empfehlen, da man sich dort zu Hause fühlt. Einlass wird jedoch nur gegen Vorlage des Credentials (Pilgerausweis) gewährt.

 

 

Die Höhlen von Arcy. Erst 1990 wurden die ersten Wandmalereien hier aus der letzten Kaltzeit endeckt.
Sie zeigen Mammut, Nashorn und Bison

 

Höhenprofil meiner heutigen Tagesetappe

Links Höhenmeter-, unten Kilometerangaben, ich startete bei Km 8,5 ca.130 m.

Letzter Anstieg des Tages Asquins ca 150m NN nach Vézelay ca 320m NN in ca 1km

 

 

 

 

 

*Quelle Outdoor Band 194 Trier-Vézelay

In der Ferne die Kathedrale von Vézelay. Da muss ich hoch!

Eines der mittelalterlichen Stadttore
„Porte St. Croix - Pforte zum heiligen Kreuz“

In diesem ehemaligen Internat
Sainte Madeleine ...


Schwester Marie, Ordensfrau, versteckte in dieser Zeit
mit Hilfe einiger Bürger von Vézelay jüdische Kinder
1942 - 1944
Sie wurde anerkannt als
"Gerechte unter den Völkern" vom Staat Israel,
weil sie den während der Besatzung verfolgten Juden
auf eigene Gefahr geholfen hat.

   Der heilige Jacobus d. Ältere      Die heilige Maria-Magdalena

Meine Unterkunft, noch leer,
aber am Abend war jedes Bett belegt.

 

Dieses Bild der Kathedrale entstand am Nachmittag, da ich bei Ankunft nicht in der Lage war, sowohl körperlich als auch mental, Fotos zu machen.

Ich hätte alle Fotos „verzittert“ so außer Atem war ich und emotional auch so überwältigt es wirklich bis hier her geschafft zu haben.

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Bald geht es weiter - Neunte Woche auf dem Pilgerweg ...

Bericht u. Bilder: Volkmar Stiboy
NANAnet Misburg-Anderten
Gestaltung & Layout: KNL 09.07.2024