Hannover.
„Egal, wie anders jemand ist. Es ist normal und er gehört in unsere
Gesellschaft. In der Kita „Elfriede Westphal“ ist das seit 25 Jahren
Praxis, was im gesamten Stadtteil neu gelernt werden muss. Sie ist
ein Beispiel für alle“, erklärte Klaus Dickneite, Bürgermeister des
Stadtbezirkes Misburg-Anderten, in seinem Grußwort anlässlich der
Jubiläumsfeier. „Wir waren damals unserer Zeit weit voraus“, sagte
Dickneite, der vor 25 Jahren an der Gründung der Kita mitwirkte,
deren Träger die gemeinnützige Gesellschaft für integrative
Behindertenarbeit (GiB) ist.

Lachen mit Clown Flor, staunen mit Jongleur Bo, das alles zur Musik
der Band „Eisbrecher“ von den Hannoverschen Werkstätten und dem Chor
der Wohngruppen der GiB - rund 250 Gäste feierten mit einem „Großen
Fest im kleinen Garten“ das Jubiläum. Unter den Gästen: Vertreter
von Stadt und Region Hannover, Menschen aus dem Stadtteil, ehemalige
Mitarbeiter, Groß und Klein aus Nachbareinrichtungen, Eltern aus 25
Jahren und natürlich viele Kinder, von denen einige heute schon
erwachsen sind.

Vor
einem Vierteljahrhundert begann die Einrichtung als Teil des
„Niedersächsischen Erprobungsprojektes zur gemeinsamen Erziehung
behinderter und nichtbehinderter Kinder im Kindergarten“. Landesweit
beteiligten sich 16 Einrichtungen an dem dreijährigen Modellversuch
unter der Regie des Kultusministeriums. Seitdem werden im Souterrain
des Misburger Rathauses Kinder mit und ohne Behinderung ganztägig
individuell gefördert. „Die integrative Kindertagesstätte „Elfriede
Westphal“ der GiB bringt schon in ihrem Namen zum Ausdruck, wofür
die gemeinnützige Gesellschaft für integrative Behindertenarbeit
steht: die Integration von Menschen mit Behinderungen in die
Gesellschaft. Damit arbeiten wir schon lange im Sinne der
UN-Behindertenrechts-Konvention. Hier ist es seit vielen Jahren
völlig normal, dass Kinder mit und ohne Behinderungen ein paar Jahre
ihres Lebens gemeinsam aufwachsen und mit- und voneinander lernen“,
betonte GiB-Geschäftsführer Markus Kriegel.

„Mit ihrer Arbeitskraft und ihren Ideen wird hier der Grundstein für
ein
gemeinsames inklusives Leben gelegt“, erklärte der Bürgermeister der
Landeshauptstadt Hannover, Bernd Strauch, in seiner Ansprache.
Das schätzen auch die Eltern. „Unsere Kinder sind klar im Vorteil,
wenn sie in die Schule kommen, denn sie haben gelernt: Jedes Kind
ist anders und das ist normal. Wir sind alle verschieden und dennoch
bilden wir eine Einheit und gehören zusammen“, beschreibt Mine
Plümer, Mitglied des Elternbeirats, die Kita-Philosophie.
Wie selbstverständlich spielen und lernen Kinder mit und ohne
Behinderung in der Kita, unabhängig davon, ob das Kind im Rollstuhl
sitzt, nur einen Arm besitzt oder eine andere Beeinträchtigung hat.
Kinder kennen keine Berührungsängste.

Damals nicht und auch heute
nicht. „Nicht die Kinder, sondern die Erwachsenen entwickeln
Berührungsängste“, erklärte Mine Plümer. „Was muss ich den Kindern
jetzt erklären? Über welche Krankheiten muss ich sprechen?“ Das
waren Elterngedanken aus der Anfangszeit. Doch die Realität ist
anders. Wer ist das I-Kind? Wer ist das Regelkind? Die Frage stellen
sich Eltern und Besucher damals wie heute, wenn sie die Kinder beim
Spielen beobachten.
Dieser Erfolg setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen: „Die
Kita ist eine kleine, übersichtliche Einrichtung, übersichtlich für
Kinder und Eltern! Daraus folgt, dass Kinder und Eltern sich kennen
und auch außerhalb der Kita Kontakte pflegen. Gerade auch behinderte
Kinder und deren Eltern erleben dabei Inklusion“, erklärte Christine
Voigt, Pädagogische Leitung der GiB.
Den gemeinsamen Alltag prägen erkennbare, klare Strukturen und
Regeln, die Kinder, Mitarbeiterinnen und Eltern im Laufe der Jahre
entwickelt haben und weiterentwickeln. Die Menschen identifizieren
sich mit der Kita. „Die Kinder in unserer Kita sind in ihrer
Vielfältigkeit ein Abbild des Sozialraumes Misburg. Und die Kita ist
ein Teil des Alltagslebens im Stadtteil. Wir sind hörbar, sichtbar
und erlebbar im Alltag in Misburg“, sagte Christine Voigt.
Bericht u. Fotos:
Nadine König
Layout: KNL
© 24.06.2013 |