Anderten 1890

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Anderter Verkehrswege
- Straßen und Ortsbezeichnungen -
Entstehung und Namensgebung

zusammengetragen von Lorenz Kurz

Bolten-Teich
heute im Bereich des K
önigsberger Rings

Der "Bolten-Teich" in Anderten
Dieser Teich, der seine Entstehung einer starken Quelle verdankt und selbst im stärksten Winter nicht zufror, war früher allen Andertern und Bewohnern umliegender Ortschaften bekannt.
Sein großer Bekanntheitsgrad rührte daher, dass sämtliche Anderter Babys aus diesem Teich stammen sollen.
Den Namen hat er von seinem früheren Besitzer, dem Vollmeier Hans Bolte erhalten. Die Boltens bewirtschafteten die Hofstelle 12 von 1540 bis 1733. Ab 1733 bis 1966 waren die Oppenborns Hofbesitzer. 1969 erfolgte der Abriss der Gebäude, heute verläuft hier die Freidingstraße.

Aber nun zurück zum Thema Bolten-Teich:
Bolten-Teich, der Klapperstorch und die Wehmutter (Hebamme) steckten seit alters her unter einer Decke, und alle drei umgab bis in die 1950er Jahre ein geheimnisvoller Schleier und ein eigenartiger Zauber.
In früheren Zeiten, als der Verkehr in Anderten und auf der Lehrter Straße noch sehr gering war, hat die damalige Jugend oft genug den Klapperstorch im Teich und in seinem Abflussgraben beobachten können, wie er plötzlich mit seinem langen Schnabel in das Wasser hineinstieß und etwas Lebendiges herausholte. Aber genau war das Zappelnde nicht zu erkennen, aber jedenfalls war es für die staunenden Kinder doch ein ganz kleines Menschenkindlein.
Neugierig versuchten dann die Kinder sich dem Klapperstorch zu nähern, aber der erhob sich auf seinen langen Schwingen und flog davon zu seinem Nest auf der Pollesche bei Oehlschlägers in der Winkelstraße oder auf die andere Pollesche, die in Stellmacher Konerdings Garten (Schafbahn) hart an Prüßens Grenze stand und auch alljährlich einem Storchenpaar Nistgelegenheit gab.

Was blieb den enttäuschten Kindern anders übrig? Sie riefen ihm ihren Wunsch nach:

            „Storch, Storch guter, bring mir einen Bruder!
            Storch, Storch bester, bring mir eine Schwester!“

Ganz gewissenhafte und vorsichtige Kinder traten wohl auch einen Bittgang zu der geheimnis-vollen Frau an, die die kleinen Kinder vom Klapperstorch erhielt und sie sodann zu den Leuten brachte.
Schraders Mutter war eine resolute Bauersfrau, die nicht nur Anderten, sondern auch einige umliegende Dörfer wie Höver und Wülferode mit den kleinen Erdenbürgern versah.
Bei ungünstigem Wetter und schmutzigen, schlecht gangbaren Wegen ritt sie zu Pferde über den Kronsberg. Ihre Nachfolgerin war Frau Freckmann, und lange Jahre hindurch hat Tante Heise treu ihres verantwortungsvollen Amtes gewaltet. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass sie in unmittelbarer Nähe des Bolten-Teiches wohnte.

Vorwurfsvoll richteten die kleinen Bittsteller zuweilen an Tante Heise die Frage: „Worümme hast di denn den hübschen, lüttjen Jungen nich üsch ebrocht? Wie hebbet doch man twei Mäken, un Barbstörps hast diu doch all voräget Jahr en Jungen ebrocht!“

War aber Tante Heise nicht zu Haus, sondern mal wieder mit der allbekannten großen Tasche unterwegs, da wurde wohl Onkel Heise erwischt und arg bestürmt. Und so hatte er bisweilen seine liebe Not, die kleinen Quälgeister zufrieden zu reden und sie zu beruhigen.

In seiner Bedrängnis ging er wohl in ein Zimmer, legte bedeutungsvoll den Zeigefinger an den Mund als Zeichen dafür, dass sie sich mäuschenstill verhalten müssten und horchte angestrengt und lange. Er hielt sein Ohr an einen großen, altmodischen Koffer.

Dann nickte er die erwartungsvollen Kleinen heran und sagte im hochwichtigen Flüstertone: „Hoiert je, we se deepetschet“. Und richtig, voll größter Freude bestätigten die glücklichen Kinder dies, als hätten sie das Piepen der kleinen Jungen im Koffer ganz deutlich gehört.

Und dann schickte er die überglücklichen Kinder nach Hause mit den beruhigenden Worten: „Dat geiht doch nich, wenn Tante Heise jück sa einfach von den lüttjen Jungens irgendeinen uit den Kuffer int Huis bringet. Et mot doch eck eene seen, dä jück ganz ähnlich suiht, ja, und at mott seck ierst passen!“

Als Anfang der 1990er Jahre die Häuser des Königsberger Rings an der Stelle gebaut wurden, an der sich der Bolten-Teich befand, hatten die Bauarbeiter sehr große Probleme, die Quelle des Bolten-Teiches abzudichten und die Keller gegen das nachdrückende Wasser zu isolieren.

1913 – Der Schäfer Müller hütet die Schafe auf der Wiese vor dem Bolten-Teich

In Bildmitte ist die Scheune vom ehemaligen Bolte-/Oppenbornhof zu erkennen.
Links davon die Einfahrt zur Hofstelle und rechts der Scheune die Einfahrt auf den heute noch bewirtschafteten Vollmeierhof 13 von Brandes.

Die Luftaufnahme aus dem Jahr 1957 zeigt die Lage des Bolten-Teiches
Auch die großen Weideflächen nördlich der Lehrter Straße gehörten zum Bolte-/Oppenborn-Hof.
 

15.04.2022
Lorenz Kurz
Petersilienstraße 6, 30559 Hannover
Lorenz.Kurz@gmx.de
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